Am 18. April 2015 gegen 21:15 blickte man in der Grafinger Jahnsporthalle in viele enttäuschte Gesichter nachdem wir, die erste Damenmannschaft des TSV Grafing, 22:24 gegen den TSV Allach verloren haben. Es war ein richtiges Endspiel in eigener Halle, das den Aufstieg in die Landesliga perfekt gemacht hätte. Am Ende jubelte jedoch Allach und verabschiedete sich aus der Bezirksoberliga. Bei uns war neben der großen Enttäuschung auch viel Ärger dabei. Sogar einige Tränen sind geflossen. Es war vor allem unsere eigene Nervosität an der wir scheiterten. Gleichzeitig hat an diesem Abend eine neue Saison für uns begonnen, in der vieles anders als erwartet lief.

Die Tränen waren schnell getrocknet, für eine Mannschaft mit dem Durchschnittsalter von 20 Jahren war es sicherlich nicht die letzte Chance auf einen Aufstieg. Also ab in die Vorbereitung! Unsere Halle wurde saniert und stand uns für die Saisonvorbereitung nicht zur Verfügung. Das Training wurde also weitestgehend an der frischen Luft absolviert. Runden laufen und Runden laufen und dann noch Runden laufen, so kam es uns Spielerinnen zumindest vor. Aber um Abwechslung ins Spiel zu bringen und uns die letzten Kraftreserven zu rauben, durften wir uns auch an den verschiedensten Konditions- und Kraftzirkeln erfreuen. An unserer körperlichen Fitness war also nichts auszusetzen. Da wir aber auch Spielpraxis brauchten, hat Martina gefühlt jeden Verein der Umgebung angeschrieben und uns zu Trainingsspielen eingeladen. Die Spiele waren meist durchwachsen, so dass keiner eine Prognose für die nächste Saison aufstellen wollte. Eigentlich ist es ja natürlich, dass man immer besser werden will. Auf die Vizemeisterschaft würde dann ja die Meisterschaft folgen. Daran zu denken trauten wir uns aber nicht wirklich. Bis zum Saisonbeginn haben uns mit Melli, Nathl und Julia drei wichtige Spielerinnen verlassen. Das war teilweise ein Schock und wir waren uns anfangs nicht sicher, wie das zu kompensieren ist. Im Trainingslager in Südtirol waren wir nur acht Spielerinnen, an sich auch nicht ideal für den letzten Feinschliff vor der Saison. Dennoch haben wir hart trainiert und in Trainingsspielen zwei (italienische) Zweitligisten geschlagen. Am Ende folgte die obligatorische Wanderung in den wunderschönen Südtiroler Alpen. Die Trainingsspiele haben uns motiviert und gezeigt, dass die Abgänge vielleicht doch kompensiert werden können. Auf jeden Fall sind wir aber als Mannschaft  noch enger zusammengewachsen.

Also ab in die Saison. Mit einem Kantersieg gegen den TSV Sauerlach fing diese gut an und auch in den folgenden Spielen wurden nur Pluspunkte eingefahren. Die lange Auswärtsfahrt nach Innsbruck war auch erfolgreich und eine Spielerin nutzte die Fahrt sogar als Geographieunterricht. Schnell zeichnete sich eine Spitzengruppe aus drei Mannschaften ab, die die ersten Spiele alle gewinnen konnten: Grafing, Vaterstetten und Neuaubing/Dachau. So wurde das Derby gegen Vaterstetten auch zu dem Spiel, an dem einer der Kontrahenten die reine Weste verlieren wird. Nach einem Unentschieden zur Halbzeit konnten wir uns absetzen und haben 32:27 gewonnen. So eine Tordifferenz kann ja auch mal wichtig werden… Vermutlich wurden wir vom Landesligaabsteiger einfach unterschätzt. Das Spiel hat uns einen riesigen Schritt weiter gebracht, wir hatten langsam das Gefühl, dass in dieser Saison doch was zu holen ist. Darauf folgte mit dem Spiel gegen Laim das Erste der drei 40er Spiele der Saison. Dann für uns persönlich schon das nächste Spitzenspiel. Mit dem TSV Ottobrunn kam unser Angstgegner zu Besuch, letztes Jahr konnten wir nur gegen Ottobrunn keine Punkte einfahren, dieses Jahr sollte das anders werden. Das daraus gleich zwei Siege mit zweistelligen Torabstand geworden sind, hätten wir nicht erwartet. Das Gefühl war natürlich genial, jetzt mussten wir uns einen neuen Angstgegner suchen. Vielleicht die SG Neuaubing/Dachau? Ebenfalls ein Landesligaabsteiger, ebenfalls ungeschlagen. In diesem Spiel klappte aber irgendwie fast alles und so konnten wir 29:25 gewinnen und waren das einzige ungeschlagene Team der Liga. Zitat Martina: „Jetzt sind wir die Gejagten.“ Theoretisch hätten wir damit im Januar auch die Herbstmeisterschaft gewonnen, jedoch waren beide Spiele gegen Freilassing in der Rückrunde, so dass wir uns mit diesem Titel nicht schmücken konnten. Gegen Sauerlach gewannen wir ganz knapp und konnten vor allem nicht glauben, dass wir tatsächlich gegen den Tabellenletzten gespielt haben. Von der Leistung der Gegner zeigten wir uns beeindruckt, dieses Mal haben wir vielleicht etwas unterschätzt. Vom Rückspiel gegen Blumenau bleibt vor allem die erste Halbzeit in Erinnerung, in der wir nur zwei Gegentore kassierten. Über die zweite Halbzeit wird der Deckmantel des Schweigens gehüllt, insgesamt aber ein ungefährdeter Sieg. 12 Spiele blieben wir ungeschlagen. Und dann kam Freilassing und verpasste uns die erste Saisonniederlage. Diese war durchaus verdient. 37 Tore zu werfen ist ja schön, wer aber keine Abwehr spielt und 39 Gegentore zulässt, braucht sich über eine Niederlage nicht wundern. So ein Fleck auf der weißen Weste ist nicht schön, war aber kein Beinbruch für uns. An der Tabellensituation hat sich nichts geändert. Ein Kantersieg gegen Innsbruck kam gelegen und hat unsere Stimmung wieder gehoben. In den Köpfen begann schon die Vorbereitung auf das Rückspiel gegen Vaterstetten, bei so manch einer arbeitete der Kopf vielleicht sogar zu viel. Den Ergebnissen nach war Vaterstetten gut in Form, und noch einmal werden sie uns sicher nicht unterschätzen. In eigener Halle wollten wir das Derby aber selbstverständlich gewinnen. Wollten, konnten wir aber nicht. Vaterstetten hat 22:19 gewonnen und das ging leider auch so in Ordnung. Am Ende zeigten wir uns fast zufriedener als die Sieger, denn auch diese Niederlage änderte nichts an der Tabellensituation. So viel zur Tordifferenz. Nur einen Ausrutscher konnten wir uns nicht mehr leisten. An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass wir der kleinste Kader der Liga waren. Mit maximal 12 Spielerinnen traten wir zu den Spielen an, Verletzungen konnten wir uns somit auch nicht leisten. Gott sei dank gibt es den Verletzungs-Prophylaxe-Zirkel. In der Endphase mussten also in fünf Spielen fünf Siege her. Das erste dieser Spiele war ausgerechnet Freilassing, da hatten wir doch noch eine Rechnung offen. Nach einer schlechten ersten Halbzeit, die an das Hinspiel erinnerte, konnten wir uns auf unsere Stärken besinnen und 36:30 gewinnen. Darauf folgten mit Laim, PSV München und Milbertshofen vermeintlich leichte Gegner aus der unteren Tabellenhälfte. So ein Abstiegskampf kann aber einiges an Kräften freisetzen, deswegen gingen wir in jedes Spiel konzentriert und konnten hohe Siege einfahren. Es folgte Ottobrunn, aber die waren ja bekanntlich kein Angstgegner mehr. So hatten wir den Aufstieg zum zweiten Mal in Folge im letzten Saisonspiel in der Hand. Da Vaterstetten zwischenzeitlich gepatzt hat und unentschieden gespielt hat, war auch für uns – wie im Vorjahr – ein Unentschieden ausreichend um den Aufstieg perfekt zu machen. Klar hätten wir Neuaubing/Dachau gerne mit viel Krach aus der Halle gefegt, aber wenn ein Unentschieden reicht, dann wieso nicht unentschieden spielen? Die meiste Zeit waren wir ja auch hinten, am Ende haben wir viel Moral bewiesen und uns toll zurückgekämpft. Jeglicher Schweiß wurde von Sekt umhüllt und exakt 365 Tage nach dem ersten Aufstiegsversuch hat es dann tatsächlich geklappt. (Schaltjahr sei Dank.) Das ist ja schon fast ein bisschen kitschig.

Nebenbei spielten wir übrigens noch ein bisschen im Bezirkspokal, erst gegen FC Bayern München I und in der nächsten Runde gegen FC Bayern München II, beide Male wurden den Bayern die Lederhosen ausgezogen und in das Final Four eingezogen. Ähnlich wie die Bayern gingen wir also auch auf Titeljagd und haben uns tatsächlich den Bezirkspokal und somit das Double geholt. Wenn auch die beiden Siege gegen Unterhaching und PSV München eher glanzlos waren, so war es – für uns – der krönende Abschluss einer unvergesslichen Saison.

Das ist das Meisterteam: Cheftrainerin Martina Broß und Torwarttrainer Uli Beck, Caroline Swiderski, Evelyn Kaiser, Franziska Hirtreiter, Jenny Reimer, Richardis Schurer, Annika Germer, Clara Hipp, Sara Broß, Nina Richter, Sophia Werth, Sonja Morath und Theresa Böttcher.